,,Ich bin nicht nach Pakistan gereist. Es war meine Heimat, in die ich gereist bin.“

Bevor ich anfange meine Eindrücke und Emotionen zu meinem Hilfseinsatz in Pakistan zu schildern, möchte ich mich bei der Hilfsorganisation WEFA für diese so wertvolle Chance bedanken. Möge Gott Euch und all jene, die im Namen der Hilfsbedürftigen tätig sind, segnen.

Es ist wirklich nicht leicht meinen Einsatz in Pakistan in Worten wiederzugeben. Es gibt tatsächlich Erlebnisse für die es in der Sprache keine Worte gibt. Diese muss man selber erleben, um es zu verstehen. Ich habe in Pakistan zwei Werte neu kennengelernt. Glück und Zufriedenheit. Diese haben in Pakistan eine ganz andere Dimension. Ich habe dort verstanden, dass es keine hohen Erwartungen  an diese beiden Werte gibt. Glück erlangt man, auch wenn man nur wenig zur Verfügung hat, das Wenige mit seinem Nächsten teilen kann. Zufriedenheit erlangt man, wenn man durch das Teilen des Verfügbaren ein Lächeln in das Gesicht und in das Herz seines Nächsten zaubern kann.

Unsere Reise nach Pakistan begann mit einer kurzen Rundreise in Islamabad. Dort unterhielten wir uns mit vielen Einheimischen und verrichteten unser Mittagsgebet in der Faysal Moschee, dessen Architekt einen türkischen Hintergrund hat. Auffällig war, dass man die Moschee selbstverständlich nicht mit Schuhen betreten durfte. Man sollte die Schuhe am Eingang zur Moschee ausziehen und den Wärtern übergeben. Als beim Verlassen der Moschee die Wärter erfuhren, dass wir einen türkischen Hintergrund haben, verzichteten sie auf die Gebühr für die Schuhe. Sowohl die pakistanische Bevölkerung, als auch die Regierenden dort und auch die Sicherheitskräfte, alle empfingen uns mit einer großen Warmherzigkeit, als sie erfuhren, dass wir einen türkischen Hintergrund haben. Interessant war auch die Erfahrung, als wir auf der Autobahn wegen zu schnellen Fahrens angehalten wurden, die Beamten weigerten sich eine Strafe zu verhängen, weil sie bemerkten, dass wir türkisch sind. Sie sagten tatsächlich ” Wir verhängen keine Strafen an Türken!“. Das war wirklich erstaunlich und regte mich zum Nachdenken an. Wieso belohnten sie uns explizit dafür, dass wir türkisch waren? Bis zu jenem Tag  kannte ich die Symptahie des pakistanischen Volkes für die Türkei nur aus dem TV und von Erzählungen, aber an diesem Tag begriff ich, dass die Pakistaner die Türken wirklich schätzten. Sie verehren die Türkei mehr als manch ein Türke. Zudem beten sie mehr für die Türkei.

 

Tag 1

Wir besuchen das Msal Waisenhaus in Pakistan, in dem die von uns unterstützten Waisenmädchen im Alter von 13-20 Jahren leben. Diese Waisenmädchen wurden im Alter von 3-5 Jahren hier untergebracht. Seit dem leben diese 33 Waisenmädchen gemeinsam auf engstem Raum verteilt auf 5 Zimmer in einem einzigen Haus. Trotz der Flächenknappheit erkennt man die Dankbarkeit der Waisen für ihr Zuhause. Ich kann nicht in Worten wiedergeben, welch erstaunliche Gastfreundschaft, Aufmerksamkeit und Zuwendung wir, das Team von WEFA, von allen dort Anwesenden erfahren haben. Sowohl die Hausmeister, als auch die Angestellten und nicht zuletzt die Waisenmädchen begegneten uns mit großem Respekt und einer unbeschreiblichen Herzlichkeit. Wir waren nicht nur vom Empfang  der Gastgeber überwältigt, gleichzeitig waren wir von der Ordnung und der Sauberkeit des Waisenhauses begeistert. In allen Räumlichkeiten, sei es im Gästezimmer, in den Gebetsräumen oder auch im Bad und auf den Toiletten, strahlte es vor Glanz und Reinheit. Natürlich haben wir die Waisenmädchen auch finanziell unterstützt. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Moment, als Serafettin, der Leiter des Auslandseinsatzes, die Waisen fragte, wo sie noch Bedarf haben.

,, Die Frage ist wie können wir all das wieder gut machen, was ihr für uns gegeben habt?“, entgegnete eines der Waisenmädchen.

Die Antwort dieses Waisenmädchens lässt mich noch immer traurig und zugleich glücklich werden. Wann immer die Worte dieses Waisenmädchens mir in den Sinn kommen werde ich nachdenklich. Ihre Dankbarkeit für unsere Unterstützung aus unseren Spenden war so groß, dass ich mich eigentlich innerlich krümmte. Wir könnten doch viel mehr bewegen. Wir könnten noch viel mehr Waisenhäuser in Pakistan eröffnen und noch viele weitere junge Schicksale in eine hoffnungsvolle Zukunft tragen. Ein Waisenkind unterstützen bedeutet: ein Leben retten und gleichzeitig eine Generation und eine Zukunft fördern. Doch gleichzeitig freue ich mich auch, denn ich habe an diesem Tag keine 33 Waisenmädchen getroffen. Im Gegenteil: Ich traf 33 mutige junge Mädchen, die anderen Waisen Hoffnung gaben, die Stärke ausstrahlten und ein Strahlen in den Augen hatten. Sie hatten vielleicht keine Eltern mehr, aber sie hatten etwas viel größeres und das war ihr Mut und ihre Hoffnung. Es gab eine Zeit, da fragte ich die Verantwortlichen von WEFA Herrn M. Bakici und Herrn S. Imatoglu nach der schönsten Art Menschen zu helfen.

,, Die Errichtung von Wasserbrunnen?  Die Verteilung von Nahrungsmittelhilfe? Oder die Bekämpfung des Grauen Starrs?“, fragte ich neugierig.

,, Waisenkinder unterstützen.“, antwortete Herr Imatoglu mit einer eindeutigen Stimme.

Damals begriff ich noch nicht, weshalb die Antwort so entschieden war. Ich hatte mich nur gewundert. Aber nachdem ich den Waisenkindern selber begegnet war, leuchtete mir ein, dass dies eine der schönsten Formen des Helfens sein könnte. Ich denke, wir sollten die Waisen tatsächlich an die Hand nehmen und sie nicht alleine lassen. Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem Halten der Hand eines Waisenkindes und des Propheten Mohammed (s.a.w.).

Tag 2

”Den Rest meines Lebens werde ich den Waisen widmen”

Den Tag beginnen wir mit einem Besuch in den Räumlichkeiten unserer Partner Organisation Khubeib Foundation in Pakistan. Wir lernen die Verantwortlichen der Organisation kennen und erfahren durch Präsentationen zum Thema Pakistan und Bildung mehr über die Foundation. Die Präsentationen münden in sehr tiefgründigen Gesprächen mit neuen Ideen für weitere Projekte. Im Anschluss besuchen wir unser Waisenhaus in Sargodha, wo junge Waisenmädchen im Alter von 5-15 Jahren untergebracht sind. Ich muss gestehen, ich habe noch nie einen Tag wie den heutigen erlebt.

Angekommen im Waisenhaus begegnete ich augenscheinlich 160 Schmetterlingen, die wie unschuldige Engel erschienen. Es gibt die Redewendung, man solle ein Porträt von Glück aufzeichnen. Nun weiß ich die Antwort auf ein derartiges Porträt. Wenn ich Glück porträtieren sollte, dann würde ich folgendes antworten:

,, Die 160 Schmetterlinge im Garten des Waisenhauses in Sargodha.“

Das ist für mich Glück.

Als diese jungen Waisenmädchen uns erblickten, gerieten sie förmlich in einen Wettbewerb im Kampf darum, wer zuerst unsere Hände halten würde. Mit großen kullernden Augen liefen sie auf uns zu uns riefen uns ihre Namen zu, damit wir sie nicht vergaßen. Ich war überwältigt von so viel Liebe und Aufmerksamkeit. Um diese unschuldigen Waisen zu beglücken, taten wir alles, was in unserer Macht stand. Sowohl finanziell als auch emotional versuchten wir unsere Unterstützung zur Geltung zu bringen. Wir verteilten Kleidung, Luftballons und Kekse. Diese Momente rührten mich sehr. Doch eine Begegnung rührte mich besonders.

Meine Kollegen riefen plötzlich nach mir: ,, Ali, komm her, schau mal, hier ruft ein kleines Mädchen nach dir!“

Ich drehte mich um und ging auf sie zu. Sie hatte Tränen in den Augen.

,,Bist du Ali?“, fragte sie mich.

,,Ja!“, antwortete ich. Ich bemerkte, wie sie plötzlich anfing zu strahlen und mit den anderen Waisen freudige Blicke austauschte und ein Geschenk in der Hand hielt.

,,Bist du also mein Vater, Ali?“ fragte sie mich mit einem nahezu in Tränen ausbrechenden Blick.

Ich verstummte. Ich wusste nicht, was ich ihr hätte antworten können. Offensichtlich verwechselte sie mich mit ihrem Paten, der auch Ali hieß und in Deutschland lebte, den sie aber nie zuvor gesehen hatte.

,,Nein…“, antwortete ich. Während ich sie anschaute, zerbrach es mir das Herz.

,, ..aber, sobald ich in Deutschland bin, werde ich deinen Vater Ali benachrichtigen“, führte ich fort.

Es war ein sehr schwieriger Moment für mich. Ich musste das Gespräch verlassen. Ich konnte es nicht länger dulden diesem Waisenkind eine Enttäuschung spüren zu lassen.  Sie gab mir einen Brief mit, den ich Ali übermitteln sollte.

Die ersten Zeilen lauteten:

,,Papi, ich habe dich zwar noch nie gesehen, aber du erscheinst sehr oft in meinen Träumen.“

Ich war sprachlos. Mit so viel Emotionen konnte ich nicht umgehen. Es hat mir wortwörtlich den Atem erschlagen.

Doch es ging weiter. Ein anderes Waisenmädchen kam nun auf mich zu und stellte mir eine ähnliche Frage.

,,Kennst du meinen Vater?“ fragte sie mich. Und ein weiteres Waisenmädchen fragte mich auch nach ihrem Vater. Ihre Paten aus Europa waren für sie ihre Väter.

In diesem Moment empfand ich Gefühle, die ich nicht beschreiben kann. Ich vermute, dass auch der Letzte mit einem eisernen Herzen, bei diesen Fragen und Begegnungen dahin geschmolzen wäre.

Diese Waisenkinder erlebten keine Vater oder Mutterliebe, aber ihre Sehnsucht danach war so groß, dass sie in ihrer Fantasie eine Bindung zu ihren vermeintlichen neuen Vätern und Müttern pflegten. Für uns hier in Europa sind es monatlich nur einige wenige Euros, die wir als Unterstützung zukommen lassen. Doch für diese Kinder bedeutete es die Welt. Eine Welt, in der sie einen Vater oder eine Mutter hatten.

Der Tag ging voran und wir führten unser Programm fort. Wir spielten gemeinsam Volleyball, tanzten zur Musik und amüsierten uns. Die Zeit verging sehr rasend. Wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, die Zeit zum Stehen zu bringen, dann hätte ich mir gewünscht, dass die Zeit im Garten des Waisenhauses von Sargodha stehen geblieben wäre.

Nun war es an der Zeit sich zu verabschieden. Viele der Waisenkinder fingen an zu weinen. Sie wollten nicht, dass der Besuch schon vorbei. Sie wollten nicht erneut verlassen werden.

Meine Kollegen und ich waren emotional sehr aufgewühlt. Auch wir weinten.

An diesem Tag übernahm ich die Patenschaft für zwei weitere Waisenmädchen.

Nun könnte man meinen, ich sorge dafür, dass diese Waisen aus der Verzweiflung und Einsamkeit befreit werden würden und nun in eine hoffnungsvolle Zukunft blicken könnten.

Aber nein, so ist es nicht. In Wirklichkeit bin ich Derjenige, der bis zu diesem Tage alleine und einsam lebte. Es sind diese Waisenkinder, die mir die Chance gaben mit einem anderen Blick aufs Leben zu schauen. Sie waren es, die mir ermöglichten nun in eine hoffnungsvolle Zukunft zu blicken.

Ich begriff, dass ich bis zu diesem Tage eigentlich selber ein Waise  gewesen bin, dies aber zuvor nicht bemerkte. Diese Waisenkinder sind ab heute meine Helden. Sie öffneten mir einen neuen Lebensblick und weckten Gefühle in mir, die ich zuvor nicht kannte.

Im Namen der Ehrenamtlichen aus Ahlen, die für Wefa tätig sind, möchte ich bekunden, dass das Jahr 2018 das Jahr der Waisen sein wird. Wir hoffen auf viele weitere Patenschaften und den Bau von weiteren Waisenhäusern in Pakistan.

P.S. Meine Englischkenntnisse sind sehr schwach, allerdings habe ich mir vorgenommen, die Sprache Urdu zu lernen.

Tag 3

Heute besuchen wir das Waisenhaus in Haripur. Es ist ein großes Projekt, da es zwei Waisenhäuser beinhaltet und dort 600 Waisenkinder untergebracht sind.

Das dritte Waisenhaus in Haripur mit einer integrierten Waisenschule ist im Aufbau.

An diesem Standort wurde an alles gedacht. Es verfügt über mehrere Sporthallen, Spielplätze, eine Schneiderei für die Kleidung der Waisen, einen Stall für die Tiere, Felder, um Ackerbau zu betreiben, Milch für die Kinder, Bio-Gemüse und Bio-Obst. All diese Angebote erstrecken sich über eine Gesamtfläche von 5000m2.

Ich bin begeistert von der Organisation und der Vielfalt an Möglichkeiten für die Waisen.

Wir wurden sehr freundlich empfangen und ich fühlte mich sofort wie Zuhause.

Ich lernte einen 17 Waisen kennen, die über WEFA durch einen Paten monatlich unterstützt wird. Es war schön mit ihnen Gespräche zu führen. Der Abschied fiel erneut sehr schwer.

Auf dem Rückweg erhielt mein Kollege Ibrar einen Anruf. Die Leitung aus dem Waisenhaus in Sargodha war am Apparat. Sie teilte uns mit, dass das 14-Jährige Waisenmädchen namens Zeynep, die nun über mich eine Patenschaft erhalten hat, bereits seit 1 Monat jede Nacht weinte und darauf hoffte, einen Unterstützer zu finden. Von allen Waisen sei sie die bedürftigste gewesen, da sie weder eine Mutter noch einen Vater hatte. Sie sei sehr froh, dass auch sie nun endlich einen Paten gefunden hatte.

Diese Nachricht motivierte mich weiter zu machen. Ich war glücklich, dass ich ohne eine Vorahnung ausgerechnet das Waisenmädchen Zeynep für die Patenschaft ausgesucht hatte. Ich wusste, dass alles, was ich tat, das Richtige war.

All diese überwältigenden Emotionen prägten mein Gemüt.

Doch ich war glücklich. Sogar sehr glücklich.

 ,,Physisch verließ ich Pakistan, doch meine Seele schwebte noch immer in Sargodha!“

Tag 4

Heute fühlte ich mich schwach. Ich vermute, dass die letzten Tage durch die vielen Eindrücke insgesamt sehr belastend gewesen sind. Ich konnte mich von den Erfahrungen nicht erholen und blieb bis in den Morgengrauen wach.

Um 10.00 Uhr setzten wir unsere Reise fort. Wir flogen mit dem Flugzeug von Islamabad nach Karachi ( die größte Stadt in Pakistan ). Dort beabsichtigten wir unter anderem weitere Waisenhäuser zu besuchen, die Opfergaben zu verteilen und unsere Patienten zu besuchen, die am Grauen Starr erkrankt waren und behandelt wurden. Es waren drei unabhängig voneinander laufende Projekte, die wir mit einem Zug aufsuchen wollten.

In Karachi angekommen sind meine Kollegen Muhammed und Kazim ins Hotel gegangen. Mein Vorgesetzter Serafettin und ich sind ins Krankenhaus gefahren. Mein Gesundheitszustand war wirklich kritisch. Doch die dort arbeitenden Ärzte wirkten sehr kompetent und behandelten mich entsprechend gut. Ich fühlte mich sehr wohl und war dankbar, dass auch Serafettin keine Sekunde mir von der Seite wich. Dies gab mir eine positive Energie und stärkte mich.

In gleicher Weise freute ich mich über das Angebot des Vorsitzenden Musab aus Deutschland, dass ich mit dem nächsten Flieger nach Deutschland eingeflogen werden könnte.

All diese Bemühungen gaben mir Halt und ich schätze gleichzeitig dass ich Teil einer so wertschätzenden Hilfsorganisation sein durfte.

Doch ich wollte nicht zurückkehren. Ich beschloss mich einen weiteren Tag im Hotel auszuruhen und am darauffolgenden Tag weiter zu arbeiten.

Tag 5

Erst einmal haben wir das Al-Mustafa Krankenhaus besucht, in welchem Patienten mit einer Grauen Starr Erkrankung behandelt werden.  Dort trafen wir uns mit den Gründern des Krankenhauses, dessen Präsidenten, Leitungen und den Vertretern aus London.

Wir lernten zusätzlich den Verkehrsminister und den Kommandanten der Pakistan Rangers kennen. Sie behandelten uns sehr gut und waren sehr gastfreundlich.

Ich wollte die Gelegenheit nutzen.

Seit mehreren Tagen suchte ich nämlich vergeblich nach einer Pakistanischen Flagge. Ich fragte den Kommandanten, ob er mir dabei helfen könnte. Plötzlich tat er etwas, was uns alle verwunderte. Er hatte am Arm einen pakistanischen Wappen. Er nahm den Wappen ab und schenkte ihn mir. Ich war erstaunt und wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Doch da ich wusste, dass selbst ein Soldat, der sogar um sein Leben fürchten muss, niemals seinen Wappen niemals hergeben würde, fühlte ich mich besonders geehert, dass ich nun dieses Geschenk erhielt. Ich wollte meinen Respekt für diese Geste zeigen, indem ich die Hand des

Kommandanten küsste. Daraufhin zogen die anderen Sicherheitskräfte ebenfalls ihre Wappen aus und schenkten diese meinen Kollegen von WEFA.

Es war ein schöner Moment der Verbundenheit.

Anschließend wurden wir im Laufe der Gespräche über den Verein Al-Mustafa informiert. Zudem konnten wir uns mit Patienten unterhalten, die sich auf Grund ihres Grauen Starrs behandeln lassen wollten. Weiterhin nahmen wir Videos auf, auf denen den Spendern aus Ahlen für ihre Großzügigkeit gedankt wurde.

Unerwartet kam eine ältere Dame auf mich zu und zeigte mit ihren Händen auf ihre Augen. Sie fing an zu beten und gleichzeitig mein Gesicht zu streicheln. Es sollte eine Art Dankeschön sein. Es war toll hautnah erleben zu können, wem wir durch unsere Hilfen wieder das Augenlicht zurückschenken konnten. Dies motivierte mich weiter zu machen.

Wenige Minuten später kam eine andere ältere Dame auf mich zu und bat um einen Luftballon. Sie hielt den Ballon fest in ihren Armen und gleichzeitig streifte sie mit ihrer Hand über unsere Köpfe. Wir sprachen nicht die gleiche Sprache. Doch durch unsere Blicke, Mimiken und Gestiken konnte ich erkennen, was man mir sagen wollte. Es war ein großes ,,Dankeschön“.

Ich begriff, dass man weder die gleiche Sprache noch der gleichen Religion angehören muss, um einander zu verstehen oder zu lieben. Es gibt eine gemeinsame Sprache der Menschen und das ist die ,,bedingungslose Liebe.“

Zum Ende unsere Besuches teilten wir den Patienten und den Waisen die lieben Grüße der Spender mit. Sie jubelten und strahlten vor Freude. Es schien so, als würden sie sich darüber freuen, dass man sie nicht vergessen hat und dass es Menschen gibt, die an sie denken.

Ich habe erkannt, dass die pakistanischen Hilfsbedürftigen, die wir über Wefa unterstützen, sehr glücklich darüber sind, dass wir gemeinsam an ihren Zielen arbeiten.  An dieser Stelle möchte ich betonen, dass alle Spender sicher sein können, dass ihre Hilfen durch Gebete auf der anderen Seite beantwortet werden.

6. Tag

Am Morgen besuchten wir beide Waisenhäuser. Wir verteilten dort die Geschenke, die das Krankenhaus Al-Mustafa vorbereitet und gesponsert hatte.

Die Waisenkinder strahlten vor Glück. Ich wünschte, wir hätten noch viel mehr für diese Kinder machen können.

Der Verein Al-Mustafa kümmerte sich sehr professionell um die Instandhaltung der Waisenhäuser und die gesamte Koordination.

Nach unserem Aufenthalt in den Waisenhäusern besuchten wir erneut das Krankenhaus, in dem der Graue Starr der Patienten behandelt wurde. Dort unterhielten wir uns noch mit einigen der Patienten und den Ärzten. Es war ein erfüllendes Gefühl die Projekte, die wir aus Deutschland steuern hautnah bei der Realisierung zu erleben.

Danach folgte das Freitagsgebet, welches wir verrichteten.

Beim Verlassen der Mosche bemerkten wir eine große Fläche mit viel Müll und Schutt.

Doch als wir genauer hinblickten, erkannten wir dass es kleine Hütten waren, in denen pakistanische Bürger lebten.

Dieser Anblick lähmte uns. Wir befanden uns inmitten eines Gefühlchaoses. Angefangen mit Trauer, begleitet von Freudentränen bis hinzu Ohnmachtssituationen. In Pakistan konnten wir alle Gefühlsebenen durchleben und ich bemerkte, dass es noch eine Menge zu tun gab.

Doch wir mussten uns sammeln, denn es ging weiter zum nächsten Projekt, bei dem wir unsere Opfergaben verteilen wollten. Es wurden 15 Rinder verteilt, somit waren es ca 3-4kg pro Familie.

Dort erfuhr ich von einem Sicherheitsmann, dass diese Menschen hier vor Ort erst nach 1 Jahr wieder Fleisch essen werden. Sie seien so arm, dass sie alljährlich nur durch die Opferspenden Fleisch verzehren konnten. Das machte mich erneut sehr traurig.

Hier erkannte ich, dass die Menschen durch Fleisch, durch Luftballons und durch einfache Begrüßungen glücklich werden konnten. Wenn ich an unser Zuhause in Deutschland denke und mich erinnere, dass es viele Kinder gibt, die nicht einmal durch die schönsten Spielzeuge glücklich werden, dann macht mich das alles sehr nachdenklich….

 ,,Es sind nicht sie, die Hilfe benötigen, wir sind es, die hilfsbedürftig sind.”

Tag 7

Heute ist der letzte Tag der schönsten Woche meines Lebensin Pakistan.

Insgesamt haben wir in dieser Zeit 5 Waisenhäuser mit  insgesamt 1000 Waisenkindern besucht und beschenkt.

Wir haben realisiert wie wichtig es ist, die Geschöpfe Gottes zu behüten und zu beschützen. Denn sie sind auf die Unterstützung der Erwachsenen angewiesen. In der Welt der Waisen gibt es zum größten Teil nur den Glauben an Gott und die Hoffnung, dass eines Tages alles besser wird.

Rückblickend auf die gesamte Woche lässt sich sagen, dass wir insgesamt 750 Opfertiere an hunderte  bedürftige Familie verteilt haben.

Dieser Erfahrung hat bei uns tiefe Spuren hinterlassen. Es waren großartige Momente der Freude und Freundschaft. Man kann es sogar weiter ausführen: Es waren Momente der Brüderschaft. Ich hatte das Gefühl, dass ich in dieser einen Woche hunderte neue Brüder und Schwestern dazu gewonnen habe. Wir sind zu einer großen Familie zusammengewachsen, die auf den Strapazen der WEFA e.V. beruhen. Dafür bin ich dankbar.

Auf dieser Reise habe ich auch sehr viel durch meine Kollegen gelernt.

Muhamed lehrte mich darin, wie wichtig es ist über Sprachkenntnisse zu verfügen. Sprache ist der Schlüssel zu jeder Seele. Muhamed ermöglichte uns die Verbindung zu unzähligen Menschen. Besonders in der Arbeit von NGO´s bildet Sprache das Grundfundament. Denn ohne Kommunikation  kann nicht an den auf beiden Seiten einstimmigen Zielen gearbeitet werden. Ich habe mir nun vorgenommen die Sprache Urdu zu lernen.

Mein Vorgesetzter und gleichzeitig mein Kollege Serafettin zeigte mir auf eine wunderschöne Art und Weise, was es bedeutet achtsam innerhalb eines Teams zu arbeiten. Er beeindruckte mich immer wieder durch seinen Blick für das Ganze und gleichzeitig für jeden Einzelnen von uns. Seine Devise lautete: ,,Erst die Teammitglieder dann ich.“ Sein Teamgeist hat mich tatsächlich sehr inspiriert. Erneut danke ich Wefa e.V., dass ich mit derartig wundervollen Menschen eine so bedeutende Reise antreten durfte.

Gemeinsam mit meinem Kollegen Kazim haben wir uns nun vorgenommen noch mehr Paten für das Waisenhaus in Sargodha zu akquirieren. Unser Ziel ist es, nicht nur neue Paten zu finden, sondern in Zukunft die Eröffnung neuer Waisenhäuser zu anzustreben.

Wir waren 4 Personen, die den Hilfseinsatz in Pakistan vollbracht haben.

Bevor ich meinen  Reisebericht zum Ende bringe, möchte ich noch eine Anekdote niederschreiben:

,,In einem verschneiten Wintermonat gehen 4 Personen gemeinsam in Richtung der Moschee. Ganz vorne ist der Leiter der Gruppe gefolgt von seinen Unterstützern. Sie alle bilden gemeinsam eine einzige Reihe. Der Leiter nimmt seinen Weg und die 3 weiteren Unterstützer treten in seine Fußstapfen im Schnee. Sie tun dies, weil sie von ihrem Leiter lernen wollen und nicht von seiner Linie abweichen möchten. Auf diesem Wege betreten sie gemeinsam die Moschee.

Als der Muezzin zum Gebet ruft, betritt der Imam die Moschee und stellt verwundert folgende Frage: ,, Draußen im Schnee sah ich nur die Fussabdrücke von einer einzigen Person. Wie kann es sein, dass hier nun 4 Personen sitzen?

,, Ja sie haben recht, wir sind zu viert, aber der Weg den wir gehen, ist ein gemeinsamer.“, antwortete der Leiter der Gruppe.“

Die Sonne geht unter, damit sie wieder aufgehen kann.
Unsere Aufgabe in Pakistan ist vollendet, doch dies bedeutet nicht, dass die Hilfseinheit verschwindet. Jederzeit sind wir bereit, die Reise erneut anzutreten.

Unser Respekt gilt der Einheit von WEFA e.V.

ALİ AKYER