Hatice Şahin hat uns kurz vor ihrer Reise nach Kenia kontaktiert und bat uns um Hilfe. Sie wollte bedürftigen Menschen und Menschen in Not helfen. Ursprunglich wollte sie nur ein afrikanisches Land besuchen, doch nachdem sie ihr Vorhaben auf Instagram teilte, entwickelte sich ihr Reisevorhaben in ein Projekt.
Nun seit knapp zwei Wochen ist Hatice in Kenia und seit dem wurden mehr als 16 Tausend Euro an Spenden gesammelt. Mit WEFA hat sie mehrere Projekte verwirklichen können. Wir haben sie vor ihrer Reise interviewt und werden sie ebenfalls nach ihrer Ankunft sprechen.
Kürsat: Assalamu Alaikum, heute haben wir einen Gast bei WEFA, Hatice Şahin ist bei uns. Sie hat eine sehr große Initiative gestartet. Vielleicht hat Sie am Anfang sehr klein begonnen, doch jetzt ist Sie über sich hinaus gewachsen. Sie hat uns kontaktiert und wir hatten die Möglichkeit sie näher kennenzulernen. Ich Kürşat Kaan und mein Kollege Mecit werden uns nun mit Hatice unterhalten. Wer Sie ist, möchten wir erstmal erfahren.
Hatice: Alaikum Salam, mein Name ist Hatice Şahin, ich bin 26 Jahre alt. Ich habe in Koblenz Soziale Arbeit studiert und arbeite nur noch bis morgen in einer Kindertagespflegestätte in Leverkusen. Ich bin ab dem 07.07.2017 für drei Wochen in Kenia, Nairobi (Hauptstadt), und werde dort hauptsächlich in in einem Waisenhaus in Kibera, welches sich in einem Slum befindet aufhalten. Ich freue mich sehr.
Kürşat: Was wirst du dort machen? Und warum eigentlich Kenia?
Hatice: Eigentlich hat das ganze Projekt mit einer Partneragentur in Köln gestartet, aber das hat sich dann doch alles ein wenig verändert. Zu der Frage “Warum Kenia?” – Ich wollte unbedingt nach Afrika und im Juli ist das Wetter in Kenia ein bisschen besser, als in Südafrika, und deswegen habe ich mich für Kenia entschieden.
Kürşat: Wie heißt denn deine Initiative? Gerade eben, als wir die gemeinsamen Fotos geschossen haben, habe ich auf deinem T-Shirt eine türkische Aufschrift entdeckt. Ist das der Name deiner Initiative? Erzähl doch!
Hatice: Genau, mein Projekt heißt ,,Insan, insana emanettir“. Bei dem Namen, den ihr auch auf meinem T-Shirt seht, habe ich mich auch ein bisschen von dem Video von Diyanet inspirieren lassen. Da ging es auch hauptsächlich darum, anderen Menschen zu helfen und darum, dass wir als Menschen für andere Menschen Verantwortung tragen. Demnach habe ich das schön ausformuliert und meinem Projekt, diesen Namen gegeben.
Kürşat: Du hast das alles ganz alleine gestartet?
Als einzelne Person?
Hatice: Ja, genau!
Kürşat: Wo wohnst du denn, und wie hat deine Familie reagiert?
Hatice: Ich wohne in Köln, mit meiner Familie. Viele fragen mich auch, wie meine Familie dafür zustimmen konnte. Für mich war es schwieriger die Erlaubnis für einen Urlaub einzuholen. Als ich jedoch sagte, dass ich unbedingt nach Afrika möchte, zögerte mein Vater keine Sekunde lang und sagte: ,,Wenn du das machen möchtest, dann mach das.“ Mein Meine anfängliche Skepsis schien überwunden, doch nun warteteten neue Hürden auf mich. Es wurde nun ernst.
Kürşat: Das ist ja schon eine große Sache, was dein Vater dir da zugesprochen hat. Gerade, weil so etwas in unserem Kulturkreis nicht üblich ist, dass Frauen die Erlaubnis bekommen, alleine so weit zu reisen.
Wann hast du denn das Projekt „İnsan insana emanettir” zu deutsch: „Der Mensch ist dem Menschen anvertraut” gestartet?
Hatice: Das Ganze hat mit der Agentur, die ich eben erwähnte, angefangen. Ich habe im Januar bzw. im Februar meinen Flug gebucht und da war auch alles save, aber dann habe ich mal in Google eingegeben, dass ich sehr gerne einen Slum besuchen würde, und bin anschliessend auf einen Blockpost von der lieben Katrin gestoßen, die von einer Organisation vor Ort berichtet hat. Ich erfuhr über eine portugiesische Dame, die dort ihr Waisenhaus gegründet hat. So habe ich dann der Organisation „From Kibera with love” geschrieben, ob sie einen Tag mit mir ein Slum besuchen würden, um mir dort alles zu zeigen. Weil ich weiß, dass es alleine nicht so sicher ist. Sie waren so herzlich und haben mir gesagt: „Komm nur und wir zeigen dir alles“. Ich war neugierig und wollte wissen ob und welche Kosten auf mich zukommen würden. Als sie sagte, dass sie sich mit einer Spende zufrieden geben würden wurde mir klar, dass diese Frau es nicht für Geld sondern vom Herzen macht.
Infolgedessen kam es dazu, dass ich gefragt habe, ob ich drei Wochen dort im Slum verbringen könne.
Da wir Afrika mit Elend und Armut verbinden und die andere Agentur mit der ich eigentlich die Reise plante, so ein kleines Dörfchen als Reiseziel hatte, wo Probleme nicht sehr zu spüren waren, habe ich mich umentschieden.
Ich wollte es mir nicht einfach machen, denn es geht auch um die Entwicklung meiner Persönlichkeit. Das Waisenhaus stimmte dem Ganzen auch zu.
Ich habe den Zuständigen meinen Lebenslauf abgeschickt und ihnen von Dingen wie meiner bisherigen Arbeit mit Kindern, meinen Vorstellungen, und was ich mit den Kindern dort machen werde, erzählt. Der Aspekt wer sie dort besuchen kommt ist sicherlich nicht unwichtig.
Kürşat: Super! Wir wollten auf jeden Fall vorher mit dir ein Interview machen, weil du gerade jetzt diese Vorfreude und Neugierde hast, die aus deiner Motivation schöpft. Und das wollte ich auf jeden Fall, unseren Spendern und Followern mitgeben. Deshalb auch diese Aufnahme des Interviews und am Ende kommt das auch als Text in die sozialen Medien.
Du wirst jetzt auch mit WEFA einige Projekte machen. Was sind das für Projekte, die du mit uns machen willst und warum speziell das Waisenprojekt, das ich vorhin erfahren habe?
Hatice: Mein Anliegen war es, diesen Traum von mir zu erfüllen. Ich wollte, genauso wie ich das in den Medien und auf den Facebook-Seiten mitbekommen habe, nach Afrika reisen, um Bedürftigen Nahrungsmittelpakete zu verteilen. Als eine allein Reisende Frau, ist es ziemlich schwierig Kontakt zu knüpfen, da man niemanden kennt und nicht weiss, wohin genau?
Und ich habe schon vorher, Organisationen durch Facebook angeschrieben. Habe auch der Jamia Moschee in Kenia geschrieben. Die sagten: „wenn du da bist, dann kannst du gerne zu uns kommen, wir werden alles dafür tun, um deinen Hilfprojekten Unterstützung zu leisten.” Sie hatten somit für Unterstützung zugesagt.
Mit WEFA werden wir schon den zweiten Wasserbrunnen bauen –inschaAllah–. Und dann haben wir noch das Adaq/Aqiqa Projekt, und noch so mehr, wie noch an Spenden kommen. Den Waisenkindern wollten wir eigentlich Kleidung kaufen, doch durch den Ramadan haben wir uns entschieden, Schulbedarf zu kaufen und sie damit zu beschenken. Schliesslich ist mein Traum in Erfüllung gegangen: Ich werde an Bedürftige Lebensmittelpakete verteilen.
Mecit: Da hast du einen Punkt mal schnell übersprungen. Du hast von zwei Wasserbrunnen gesprochen. Das Ganze hat ja eigentlich ganz klein angefangen. Kannst du bitte mehr ins Detail gehen?
Hatice: Ja, klar! Durch meine Entscheidung in einen kenianischen Slum zu reisen, hat sich diese enorme Spendenaktion aus dem Nichts entwickelt.
Meine Motivation Spenden zu sammeln wurden nun immer größer, vorher war das nicht der Fall. Ich rechnete mit 500€ und jetzt sind wir schon –maschAllah– bei einem Spendenbetrag von 10.000€. Sogar die 10.000€ haben wir geknackt und gehen noch ein bisschen aufwärts. (mittlerweile 20.000€)
Das Ganze hat sich durch Instagram entwickelt. Dadurch habe ich sehr viele Blogger erreicht.
Ich habe viele Flyer mit Informationen erstellt, mit u.a. einem Foto von Kindern aus Afrika. Auf dem Foto habe ich den Fotografen markiert. Auch er hat Kontakt mit mir aufgenommen und hat mir angeboten, Fotos von mir im Slum zu machen. Dadurch, dass die ganzen Blogger diese Aktion in ihren Stories und Profilen gepostet haben, haben mir ganz viele Menschen geschrieben. Das ist der entscheidende Punkt, wenn man „A“ vertraut dann vertraut man auch „B“.
Diese Gutherzigkeit war da, diese saubere Niyyah* (sinngemäße Übersetzung: gute Absicht) würde man auch sagen. Und dadurch haben wir diese 10.000 Euro gesammelt. Da ist so viel Liebe und so viel Überzeugung von allen mit drin. Der eine hat 5€, ein anderer hat 500€ gespendet. Das sind Leute, die ich nicht einmal kenne. Es ist auch egal, wie viel man spendet.
Mir war es wichtig, dass jeder ein Teil davon ist und jeder Liebe investiert. Ein großer Teil ist von Menschen entstanden, die es weitergeteilt und darüber gesprochen haben. Mein Anliegen ist es nicht nur den Menschen vor Ort zu helfen, sondern uns selbst, in Deutschland. Hier auf der Welt einfach nur Mut zu geben, dass sie auch ein Hilfsprojekt ins Leben rufen können.
Kürşat: Sehr gut! Das sind weise Worte, für die wir uns herzlich bedanken. Damit wären wir am Ende unseres Interviews. Ich möchte dir im Namen von WEFA und auch persönlich sehr danken. Dieser Weg, den du eingeschlagen hast, ist auch persönlich für mich und auch für viele weitere Leser/Zuhörer eine enorme Motivation. Ich hoffe, dass du in Kenia erreignisreiche Tage hast und deine Erwartungen erfüllt werden. Und dass wundersame Dinge geschehen, von denen du nicht einmal wirst träumen können. Möge Gott dir beistehen.
Was würdest du den Lesern/Zuhörern vor deiner Reise mitgeben?
Hatice: Dass sie mutig sein sollen und dass sie ihre Gutherzigkeit nicht verlieren sollen. Dass sie immer so bleiben sollen, wie sie sind.
Ich habe wunderschöne Nachrichten bekommen. Ich habe Menschen angefangen zu lieben, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe, alleine wegen einer Nachricht: „Allah’a emanetsin!“(sinngemäße Übersetzung: Gehe mit Gott), oder „Allah senden razi olsun“(sinngemäße Übersetzung: Möge Gott Wohlgefallen an dir haben).
Ausserdem möchte ich mich bei meiner besten Freundin Aslı dafür bedanken mich ermutigt zu haben. Denn ich war ein bisschen im Zweifel und habe mir selbst gesagt: „Du fliegst da ganz alleine hin“. Da habe ich Nachts bisschen gegrübelt „Sollst du das machen oder sollst du das nicht machen?“.
Schliesslich haben wir eine Pro&Contraliste erstellt und die Proliste hat mich natürlich überzeugt. Ich muss dazu sagen, dass meine Familie, meine Mama, mein Papa total hinter mir standen. Das hat meine Motivation sehr gesteigert.
Ich denke, dass es sicherlich Menschen gibt, die den Anderen, um sich herum, Motivation geben. Dass man mutig sein soll und dass man andere, die nicht so viel wie wir haben, nicht vergessen soll.
Die Grundernährung, die für uns selbstverständlich ist, ist für viele ein Traum. So wie gerade auch besprochen wurde, dass Waisenkinder kein Trinksaft haben oder ähnliches. Das ist für uns selbstverständlich. Und für sie ist das was ganz besonderes. Das sollten wir nicht vergessen.
Kürşat: Genau! Damit erinnerst du uns an unsere Werte, danke! Wir bedanken uns auch nochmal bei deinen Eltern, bei deinem Vater explizit, weil er dir die Reise ermöglicht hat…
Hatice: Aber auch bei meiner Mama, das ist ganz wichtig! Sie wollte mich heute zu WEFA begleiten, aber zuhause sind noch diese ganzen Pakete, die vorbereitet werden müssen und sie war auch bei allem dabei. Sie war mir eine große Unterstützung. Dafür danke ich ihr vom Herzen!
Kürşat: Deiner Familie gebührt Dank von uns! Deiner Freundin Aslı danken wir auch ganz herzlich und allen Spendern aus den sozialen Medien, die auf deine Postings reagiert haben. Dadurch sehen wir, dass soziale Medien auch was Positives bewirken können.
Wir sind auf deine Fotos gespannt Hatice.
Du wirst dort u.a. auch mit unserer Partnerorganisation in Kenia kooperieren und zusammen verfolgen können, wie die Wasserbrunnen gebaut werden, Geschenke für Waisen verteilt werden und das Fleisch von Adaq&Aqiqa verarmten Menschen zu Gute kommen. Außerdem wirst du mit Waisenkindern gemeinsam essen und anschliessend Lebensmittelpakete verteilen.
Folgt WEFA in den sozialen Medien. Wenn Hatice uns ihre Fotos zukommen lässt, werden wir es auch mit euch teilen. Danke, dass du da warst. Wir wünschen dir alles Gute auf deiner Reise, des Guten, des Hasenat. Möge Gott deine Taten annehmen.
Hatice: Danke! Darf ich noch was als Letztes sagen?
Kürşat:: Klar!
Hatice: Ich möchte mich auf jeden Fall bei allen Spendern –es ist egal ob ein Euro, zwei Euro, fünf-, oder 100€ bedanken. Durch diese Menschen ist es überhaupt zustande gekommen. Ich hab wirklich nicht damit gerechnet, dass es sowas Großes wird. Danke!
Das Projekt heisst “İnsan insana emanettir”. Ihr könnt mir auch auf Instagram folgen. Mein Name ist dort easy5o. “O” wie Osman. Da werde ich ganz viel posten. Hier habt ihr die Chance das ganze mitzuverfolgen.
Kürşat: Für die, die kein türkisch können. Was heisst “İnsan insana emanettir”?
Hatice: Der Mensch ist dem Menschen anvertraut. Aber im Türkischen hört sich das, noch viel viel schöner an.
Kürşat: Lieben Dank! Auf Wiedersehen! Wir wünschen dir alles Gute auf deiner Reise!
Köln, 06.07.2017
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